Ein gutes Team: Matthias Linn und Bereichsleiterin Eva Zagermann im Garten der Gemeindepsychiatrie der Caritas BruchsalSusanne Maske
Erst half Matthias Linn den psychisch Kranken für zwei bis drei Stunden pro Woche ehrenamtlich beim Umzug, reparierte tropfende Wasserhähne und tauschte Glühbirnen aus. Heute hat er in der Gemeindepsychiatrie des Caritasverbandes Bruchsal eine Vollzeitstelle und seinen Traumberuf gefunden. Susanne Maske sprach mit Matthias Linn und mit der Bereichsleiterin der Gemeindepsychiatrie der Caritas Bruchsal Eva Zagermann.
Wie kamen Sie auf die Idee, als Ehrenamtlicher mit psychisch kranken Menschen zu arbeiten?
Linn: Ich bin handwerklich geschickt und wollte einfach etwas Sinnvolles tun und mit Menschen arbeiten.
Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Linn: Ich habe bei der Gemeindepsychiatrie angerufen, das war vor fünf Jahren, und wurde von der Leiterin Eva Zagermann zu einem Gespräch eingeladen. Damals arbeitete ich hauptberuflich als Schlosser und habe dann gegen eine Ehrenamtsentschädigung von 175 Euro stundenweise geholfen.
Eva Zagermann: Die Gemeindepsychiatrie ist eine Einrichtung für Erwachsene mit chronisch psychischer Erkrankung. Die Betroffenen werden im Sozialpsychiatrischen Dienst beraten und stationär oder ambulant in der eigenen Wohnung oder in einer Wohngemeinschaft unterschiedlich intensiv betreut. Zu unseren weiteren Einrichtungen gehören die Tagesstätte TAST und das Caritas-Café "Cafétas" mit tagesstrukturierenden Arbeits- und Freizeitangeboten für die Betroffenen. Matthias Linn hat sich in der Alltagsbegleitung engagiert.
Was macht ein Alltagsbegleiter?
Linn: Ich begleite Betroffene zu Behörden, zum Arzt oder ins Krankenhaus. Wir gehen einkaufen, spazieren, spielen Mensch-ärgere-dich-nicht oder besuchen ein Café und reden über Gott und die Welt. Manchmal muss ich erst eine Glühbirne auswechseln oder etwas in Ordnung bringen, denn das kann einen psychisch kranken Menschen völlig aus der Bahn werfen. Es ist Gespür erforderlich, wenn man den Menschen gegenüber tritt, weil sie sich, abhängig von ihrer Tagesform, sehr unterschiedlich verhalten.
Und das macht Ihnen besonders viel Freude?
Linn: Ja, flexibel sein zu müssen und mich auf den Menschen einzulassen, das ist eine Herausforderung und hat unmittelbare Auswirkungen. Oft kommt sofort etwas zurück, weil die Leute dankbar sind und sich freuen. Manchmal ist es aber auch nicht so. Ich behandle die Personen so, als wären sie ein Angehöriger meiner Familie: ganz normal eben.
Zagermann: Alltagsbegleiter bringen Normalität in eine künstliche Beziehung zwischen Sozialarbeitern und Klienten. Sie haben den unverstellten Blick, der das Leben ausmacht und der ist uns sehr wichtig. Die Termine mit den Klienten werden ausschließlich über die Gemeindepsychiatrie gemacht. Der Klient kennt weder die Telefonnummer noch die Anschrift des Alltagsbegleiters, so dass der Kontakt auf die vereinbarte Stundenzahl begrenzt bleibt und die nötige Distanz gewahrt wird.
Werden die Ehrenamtlichen für ihren Einsatz geschult?
Zagermann: Einmal pro Monat findet ein Treffen der ehrenamtlich Tätigen im Bereich Gemeindepsychiatrie statt. Dort gibt es nicht nur den Austausch mit Hauptamtlichen, sondern auch fachliche Informationen. Außerdem bietet die Gesellschaft für Soziale Psychiatrie (DGSP) Kurse an, die sich explizit an Ehrenamtliche richten. Dorthin haben wir auch Matthias Linn geschickt. Er war für uns, vom ersten Moment an, der Mann für alle Fälle. Nach zwei Jahren Ehrenamt haben wir ihm eine halbe Stelle angeboten. Heute arbeitet er in Vollzeit, davon 40 Prozent als Hausmeister und 60 Prozent als Alltagsbegleiter.
In welchen Bereichen kann man bei Ihnen ehrenamtlich mitarbeiten?
Zagermann: Wir sind grundsätzlich offen für alle Angebote: ob man sich stundenweise in der Woche als Hobbygärtner betätigen will, regelmäßig Englisch oder Französisch lehren, mit einer Gruppe ein Hobby wie Ikebana oder Origami ausüben oder nur einmalig über eine Reise referieren will. Auch Schnuppern in der Tagesstätte ist möglich. Aktuell suchen wir jemanden, der oder die sich drei Stunden wöchentlich für ein Arbeitsprojekt engagieren möchte, das wir gemeinsam mit der Lebenshilfe Bruchsal-Bretten e.V. dort anbieten.
Interessierte können sich mit der Bereichsleiterin der Gemeindepsychiatrie der Caritas Bruchsal, Eva Zagermann, unter 07251/38 49 232 und eva.zagermann@caritas-bruchsal.de in Verbindung setzen.